MUSEUMSSCHAUFENSTER: 30. November 2023 bis 4. Februar 2024
K. P. Kremer „Siegburger Hausarmenbuch“
K. P. Kremer gehört zu den bekanntesten Namen der regionalen Kunstszene. Das Stadtmuseum hat ihm 1993 eine Einzelausstellung gewidmet. Eines der Leitmotive seines künstlerischen Schaffens ist die Bearbeitung (Übermalung) von historischen Vorlagen. In den 90er Jahren waren es häufig Zeitungsseiten des früheren 20. Jahrhunderts oder beschriebene Büttenpapiere des 19., denen er sich mit der Formensprache der Farbfeldmalerei genähert hat. Dabei arbeitete er - wie heute auch wieder - mit einem sakral wirkenden Farbspektrum, insbesondere mit Purpur, Violett und Gold. Ein Zugang zu Kremers Arbeiten führt über formale und ästhetische Kriterien: Die Werke leben nicht zuletzt von der Spannung zwischen der grafischen Vorgabe des übermalten Originals und den völlig abstrakten, höchstens durch die Symbolik der Farben inhaltlich definierten Farbflächen. Ein zweiter Zugang kann inhaltlicher Natur sein. Denn Kremer wählt seine Vorlagen nicht nur nach formalen Gesichtspunkten aus. Die Inhalte dessen, was er übermalt, sind ihm wichtig.
Das gilt auch für die Blätter, die die Basis für die Serie „Hausarmenbuch" bilden. Es sind vergrößerte Kopien aus einem Original, das sich im Siegburger Stadtarchiv befindet (Inventar-Nr. XV). In das von 1745 bis 1798 geführte Buch wurden Einnahmen und Ausgaben für einen Teilbereich der öffentlichen Armenfürsorge eingetragen. Siegburger Privatleute, aber auch Institutionen wie die Stadt und die Abtei gaben Geld, das dann an so genannte „Hausarme" ausgezahlt wurde. Die „Hausarmen" waren Menschen, die - anders als die eigentlichen „Bettler", die im Allgemeinen obdachlos waren - über einen festen Wohnsitz in Siegburg verfügten. Ihnen konnte, das belegen die Hausarmenbücher, von Seiten der Stadt in unregelmäßigen Abständen ein bescheidenes Almosen ausgezahlt werden. Kremers Arbeiten leben nicht zuletzt von der Distanz zwischen der prachtvollen Übermalung und der Not, die sich in der Vorlage spiegelt. Die in einigen hinterlegten „Börsenpunkte" (Durchblicke auf Zeitungsseiten mit den Börsenkursen unserer Tage) betonen die Spannung zwischen reich und arm. (Dr. Gert Fischer, Dezember 2005)